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Vielleicht ist es ja möglich, dass diejenigen, die wie Moana ganz besondere Erlebnisse mit ihren Tieren hatten, diese hier einfach berichten können, ohne dass sie irgendwie abgewertet oder in Frage gestellt werden. Das fände ich sehr schön. Vielleicht gibt es ja einige hier, die ihre Katzen "anders" wahrnehmen und sich einfach scheuen, darüber zu erzählen.
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Da wühle ich mich durch´s Forum, auch durch alte Beiträge, und finde dieses ansich sehr interessante Thema.
Mit 8 Jahren hatte ich mit einer Horde Katzen ein sehr interessantes Erlebnis. Das war in der Ferien, wir hatten eine Unterkunft am Rand einer Kleinstadt und die ersten Tage war es wirklich schön. Dann fingen an einem Tag meine Eltern vor dem Mittagessen an, sich zu streiten, und ich sagte, daß sie das lassen sollten, schließlich sind das hier Ferien. Klar, dann gingen beide auf mich. Was ich mir einbilde, mich bei Erwachsenen einzumischen usw. usw. usw... kennt ihr vielleicht auch noch. Ich bin raus gerannt, bloß weit weg von diesem Streit. Bis ich am Waldrand ankam, dort einen schönen Stein fand, da setzte ich mich drauf. Ringsum waren auch Felder. Und dann flossen meine Tränen, die Ferien waren mir an diesem Tag gründlich verdorben worden. Ich weiß nicht, wie lange ich dort gesessen hatte, da sah ich 2 Katzen auf mich zu kommen, die wie ein Paar wirkten, eng nebeneinander gehend. Ich hatte schon gehört, daß hier Katzen die Population von Feldmäusen so niedrig halten, daß die Ernten nie in Gefahr kamen, daß diese Katzen verwildert seien und gefährlich werden und einem die Kehle raus reißen könnten, naja, das übliche Zeug, das man Kindern so erzählt. Da ich schon die Erfahrung machen mußte, daß Erwachsene Lügner sind, von Kindern aber Ehrlichkeit fordern, glaubte ich erstmal nur das mit den Feldmäusen. Nun waren die Katzen bei mir angekommen, schnupperten an meinen Beinen, danach kamen sie auf den Felsen, der schön groß war, strichen um mich herum und miauten mehrmals laut. Dann sprangen sie vom Felsen und setzten sich direkt vor mich, mich anschauend. Am Waldrand sah ich Bewegung, es kamen mehr Katzen und setzten sich zu den ersten beiden. Nun wirkte es auf mich, als würden die Katzen sich unterhalten, es wurde miaut, gegurrt, gemeckert... das ging mehrere Minuten so. Vor mir saßen ca. 20 - 30 Katzen. Was wollten sie? Mich fressen? Wäre mir an diesem Tag egal gewesen. Mit mir spielen? Wenn man als Kind in dieser Stimmung ist, die kleine Welt ist gerade krachend zusammen gestürzt, der Sonnenschein macht keine Freude mehr, dann ist einem das alles egal.
Nun kamen die ersten beiden Katzen wieder auf den Felsen, drückten sich an mich, rieben ihre Köpfe an mir, und ich konnte nicht anders als sie sanft zu streicheln. Sie schnurrten, es schien ihnen zu gefallen. Meine Brille hatte ich wegen meiner Tränen abgesetzt und ich die Hosentasche getan, und nun kam die eine Katze auf meinen Schoß, richtete sich etwas auf und leckte mir meine Tränen ab. Ihre Schnurrhaare kitzelten mich dabei, und ich mußte lachen. Nun kamen immer mehr Katzen auf den Felsen, eine nach der anderen, während die ersten wieder runter sprangen. So wurde ich reihum von allen Katzen beschmust, ich streichelte sie, sie schnurrten dazu, stupsten mich mit ihren leicht feuchten Nasen an. Ich begann mich besser zu fühlen. Ich begann, leise mit ihnen zu reden, erzählte ihnen meinen Kummer, und ich hatte noch nie so tolle Zuhörer gehabt. Sie schauten mich so aufmerksam an, als würden sie jedes meiner Worte verstehen. Was sie mit Sicherheit verstanden, waren meine Gefühle. Aber wieso hatten sie so ein großes Interesse an mir? Ich hatte keine Ahnung, wie spät es geworden war, es war mir auch egal. Ich hatte keinerlei Zeitgefühl, auch keinen Hunger, obwohl es schon lange Mittagszeit oder später sein mußte. Meine einzigen Gefühle waren Liebe für diese wundervollen Wesen und eine Ruhe, die ich so noch nie gespürt hatte.
Als sie fertig damit waren, mich reihum zu beschmusen, "unterhielten" sie sich wieder. Immer wieder schauten sie zu mir, als ob ich ihnen etwas bedeute. Dann bewegten sie sich, umringten den Felsen, setzten sich, ihre Gesichter mir zugewendet. Dann sprangen sie auf den Felsen, es wurde eng, die mir näheren Katzen richteten sich auf, stützten sich mit ihren Vorderpfoten an mir ab, ich war umzingelt. Auf einmal begann die Luft zu brummen, ich wußte nicht, was das war, bis ich es erkannte. Alle Katzen schnurrten. Es war wie ein uraltes Lied, das mich alles vergessen ließ, meinen Kummer von mir nahm und mir dafür Liebe gab. Ich wußte plötzlich, daß Katzen sehr intelligent sind, aber auch voller Liebe. Und ich liebte sie. Diese Katzen erwiderten meine Liebe, auf einmal fühlte ich es. Die Zeit, ja die ganze Welt stand für mich auf einmal still. Dann ließ das gemeinsame schnurren nach, bis es ganz aufhörte. Nun sprangen sie alle vom Felsen herunter, setzten sich und schauten mich an. Ich dankte ihnen für ihre Liebe und daß sie mich getröstet hatten, da kamen die ersten beiden wieder zu mir hoch, beschmusten mich, ich bekam von beiden ein Nasenküßchen auf meine Nase, dann gingen sie und die nächsten kamen, eine nach der anderen. Ich streichelte sie alle, bekam von jeder ein Nasenküßchen. Ich fühlte mich geliebt, ohne Bedingungen geliebt. Kein "du mußt ein braver Junge sein", sondern einfach nur Liebe. Ich war umgeben von Liebe und Zärtlichkeit, ohne daß etwas von mir verlangt wurde.
Nach und nach gingen sie nun alle, schauten vom Waldrand aus nochmal zu mir zurück. Bis auch die letzte Katze mich zum Abschied beschmust und geküßt hatte, dann war ich wieder alleine. Es war sehr still, kein Vogel gab Laut, es war nichts zu hören. Vergingen Minuten oder Stunden, oder waren es nur Sekunden? Langsam setzte der Gesang von ein paar Vögeln ein, ein Eichhörnchen schimpfte auf Jemanden, und auf einmal spürte ich, daß es kühl war. Ohjeh, es dämmerte schon, so viel Zeit war vergangen! Aber trotzdem hatte ich keinen Hunger. Aber es war Zeit, wieder nach Hause zu gehen, und irgendwie fand ich auf Anhieb den Weg. Dort gab es die übliche "wo warst du so lange" Meckerei und einen Schock - ich fühlte, daß sich unter der Zickerei meiner Mutter Liebe verbarg und daß mein Vater nicht lieben konnte, sondern gefühlskalt war. Wieso konnte ich das so plötzlich erkennen? Hatten die Katzen etwas damit zu tun? War es ein Geschenk von ihnen oder hatte das mit ihnen Erlebnis etwas in mir aktiviert, das bisher geschlafen hatte? Ich wußte, wo ich Antworten bekommen konnte, wenn wir wieder Zuhause waren. Die restlichen Ferien waren einerseits schön, andererseits schrecklich. Die Gefühle der Menschen in meiner unmittelbaren Nähe, so viel Kälte, so viel Egoismus. So vergingen die Ferien, wir fuhren nach Hause.
Zuhause wurde erstmal ausgepackt, am nächsten Tag besuchte ich einen Freund, einen Zigeuner. Als er mich sah, pfiff er leise und und sagte "du kannst Gefühle spüren oder sehen". Wir sprachen lange miteinander, er kannte nur das deutsche Wort für diese Fähigkeit nicht. Aber er brachte mir bei, wie ich Menschen ausblenden konnte. Er sah auch, daß Katzen zu mir kamen, mich begrüßten, und sagte eines Tages "Katzen haben es dir gegeben, sie werden dieses und die nächsten Leben für dich wichtig sein". Und ich lernte, die Menschen auszublenden, bis ich von ihnen nichts mehr spürte. Aber jede Katze, die mir begegnete, konnte ich weiterhin spüren.
Später bekam ich heraus, daß man diese Fähigkeit Empathie nennt. Und wünschte mir so sehr 2 Katzen für Zuhause, aber da gab es nur die üblichen Totschlagargumente, die wohl jedes Kind zu oft hören muß. Daß man sich nur die ersten Tage für das Tier interessiert, daß es eine Menge Dreck macht, die Eltern sich später um alles kümmern müßten und und und. Total ätzend! Erst 1995, mit eigener Wohnung, hatte ich meine ersten Katzen. Nicht gekauft, sondern aus dem Wald. Bei der ersten Berührung zwischen Maya und mir spürte ich, daß sie Schmerzen hatte, daß sie nicht glücklich war und sich ein anderes Leben wünschte. Daß sie Mühe hatte, ihre Kinder zu säugen. Sie spürte auch viel von mir, sie erschrak zuerst sehr, fing aber an, mir mehr zu vertrauen.
Für meine Nachbarn und Freunde wurde ich zum "Spinner, der mit dummen Katzen redet", für Nachbarn, die selbst Katzen hatten, zum Katzenflüsterer. Sie verstanden mich und ich sie größtenteils auch. Oft konnte ich meinen Nachbarn helfen, wenn ihre Katzen Probleme machten oder sich komisch verhielten. Mayas Töchter himmelten mich richtig an und überschütteten mich mit Liebe, so lange sie lebten. Mayas Töchter hatten keine Probleme mit den Katzen, die mich besuchten, um auf ihre Dosis zu warten. Ich wurde mehrmals als Catsitter angeheuert, einmal für 2 prächtige Ragdoll-Mädels, von denen mir eine als etwas aggressiv beschrieben wurde, da sie beim schmusen plötzlich kratzte oder sogar biß. Sie hatte einen Insektenstachel im Unterkiefer und reagierte deswegen ungehalten auf kraulen dort, obwohl sie es so liebte. Sie hielt still, als ich ihr den Stachel entfernte und die Stichstelle desinfizierte. Sie verzog sich danach zum schmollen, um irgendwann wieder zu kommen und dann wollte sie unter dem Kinn gekrault werden. War das ein schnurren, gurren und brummen! Sie war wieder glücklich. Ihrem Halter hatte ich erstmal nicht verraten, was das Geheimnis war, schließlich hatte ich ja einen Ruf zu wahren erst einige Tage später erzählte ich es ihm und zeigte ihm das aufbewahrte Stück Stachel.
Später konnte ich von Tom seine Liebe spüren und daß er bei mir sehr glücklich war.
Bis heute weiß ich nicht, ob ich diese Fähigkeit schon immer hatte oder ob sie ein Geschenk der Katzen war. Ich habe bis heute nie davon gehört oder gelesen, daß Katzen sozusagen "im Chor" schnurren. Ich habe keine Antworten, weiß nichtmal die Fragen. Es ist auch egal, ich habe es so akzeptiert, wie es ist.